Am 19.10.2017 sind für Verkehrsteilnehmer einige wichtige Neuregelungen in Kraft getreten, die spürbare Konsequenzen für Auto- und Radfahrer nach sich ziehen. Die wichtigsten Neuregelungen habe ich für Sie hier zusammengefasst:

1.  Blockade der Rettungsgasse oder Nichtbeachten blauen Blinklichtes und Einsatzhorn

Wer eine Rettungsgasse blockiert oder blaues Blinklicht und Einsatzhorn nicht beachtet und/oder mit der Blockade auch eine Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung einhergeht, wird künftig mit erheblichen Geldbußen, Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg oder gar mit Fahrverbot rechnen. Das heißt:

  • Keine Rettungsgasse gebildet oder blaues Blinklicht und Einsatzhorn nicht beachtet kostet (statt bisher 20,00 EUR) nun mindestens 200,00 EUR Bußgeld
  • Keine Rettungsgasse gebildet – mit Behinderung (z.B. eines Rettungsfahrzeugs) kostet nun 240 EUR Bußgeld plus 2 Punkten im Fahreignungsregister plus 1 Monat Fahrverbot
  • Keine Rettungsgasse gebildet – mit Behinderung (z.B. eines Feuerwehrmannes oder Verletzten) kostet nun 280 EUR Bußgeld plus 2 Punkten im Fahreignungsregister plus 1 Monat Fahrverbot
  • Keine Rettungsgasse gebildet – mit Sachbeschädigung (z.B. Sachbeschädigung beim Ausscheren, um einem Einsatzfahrzeug durch die Rettungsgasse zu folgen) kostet nun 320 EUR Bußgeld plus 2 Punkten im Fahreignungsregister plus 1 Monat Fahrverbot
  • Blaulicht und Martinshorn nicht beachtet und keine freie Bahn geschaffen mit Gefährdung kostet 280 EUR plus 2 Punkten im Fahreignungsregister plus 1 Monat Fahrverbot
  • Blaulicht und Martinshorn nicht beachtet und keine freie Bahn geschaffen mit Sachbeschädigung kostet 320 EUR plus 2 Punkten im Fahreignungsregister plus 1 Monat Fahrverbot

2.  Smartphone- und Tablet-Nutzung

Auch wer künftig während der Fahrt unerlaubterweise das Handy nutzt, muss ab jetzt spürbar mehr bezahlen; nicht nur Autofahrer, sondern auch Radfahrer.

Das heißt:

  • Das Bußgeld für Handy-Nutzung steigt von 60 EUR auf 100 EUR.
  • Bei schweren Verstößen drohen künftig auch Fahrverbote und Geldbuße von 150 EUR bzw. 200 EUR.
  • Unter das Handy-Verbot fallen jetzt u.a. auch Tablets und E-Book-Reader, aber auch Tätigkeiten wie Mails- und SMS-Tippen sowie Surfen im Internet.
  • Videobrillen sind explizit verboten.
  • Die Regelgeldbuße für das Aufnehmen eines elektronischen Gerätes während des Führens eines Kraftfahrzeugs beträgt 100 EUR und 1 Punkt im Fahreignungsregister.
  • Die Buße für das Aufnehmen eines elektronischen Gerätes während des Führens eines Kraftfahrzeuges mit Gefährdung beträgt 150 EUR plus 2 Punkte im Fahreignungsregister plus einem Monat Fahrverbot.
  • Die Nutzung von Handy, Tablet und Co. beim Radfahren kostet ab jetzt 55 EUR.

Lediglich ausdrücklich erlaubt ist es, Sprachsteuerung,Vorlesefunktionen und sog. Head-Up-Displays für Fahrzeug- oder Verkehrszeichen-Informationen zu nutzen.

3.  Verhüllungsverbot

Um eine effektive – heute auch vermehrt automatisierte – Verkehrsüberwachung zu gewährleisten, indem die Identität des Kraftfahrzeugführers feststellbar ist, ist es ist künftig nicht zulässig, Masken, Schleier und Hauben zu tragen, die das ganze Gesicht oder wesentliche Teile des Gesichtes verdecken. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wird vorsätzlich begangen, weshalb die Strafe 60 EUR beträgt.

Nicht verboten sind hingegen reine Kopfbedeckungen, die das Gesicht freilassen (z.B. Hut, Kappe, Kopftuch). Auch zulässig sind Gesichtsbemalung, – behaarung der Gesichtsschmuck (z.B. Tätowierung, Piercing, Karnevals- oder Faschingsschminke, ebenso die Sicht erhaltende oder unterstützende Brillen (wie z.B. Sonnenbrillen), die nur geringfügige Teile des Gesichts umfassen. Zudem ist das Tragen von Schutzhelmen für Kraftradfahrer gestattet.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in seinem Urteil vom 06.04.2017 (Az. – 3 C 24.15) entschieden, dass grundsätzlich erst ab einer Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr ein medizinisch-Psychologisches Fahreignungsgutachten (MPU) bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der Verwaltungsbehörde verlangt werden kann.

Das bedeutet, dass in der Regel eine einmalige Trunkenheitsfahrt ohne Hinzutreten weiterer aussagekräftiger Tatsachen erst ab einer BAK von 1,6 Promille die Anforderung eines Gutachtens rechtfertige. Denn die strafgerichtliche Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt sei kein eigenständiger, von der 1,6 Promille-Grenze unabhängiger Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens. Dies ergäbe sich aus der Bezugnahme in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf die unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe.

Aber Achtung: Dies bedeutet nicht, dass die Verwaltungsbehörde unterhalb eines BAK von 1,6 Promille nicht berechtigt ist, dennoch eine MPU anzuordnen.

Vielmehr kann die Verwaltungsbehörde schon ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille eine MPU  anordnen, und zwar immer dann, wenn der Fall besondere Anhaltspunkte dafür bietet, dass der Fahrer möglicherweise nicht zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet ist.

Dies können u.a. sein:

  • eine wiederholte Trunkenheitsfahrt
  • die Annahme von Alkoholmissbrauch beim Fahrer
  • mehrfache und erhebliche Geschwindigkeitsverstöße und damit verbundene Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg
  • bei einem erhöhten Aggressionspotential des Fahrers
  • bei möglichen Straftaten des Fahrers, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen wurden.

Da dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zwar nunmehr konkretere Maßstäbe für die Frage, wann eine MPU grundsätzlich angeordnet werden darf, festlegt, zugleich aber – wie die genannten Beispiele bei Hinzutreten besonderer Umstände zeigen – eine Vielzahl von Spielräumen für die Bußgeldbehörde gegeben sind, sollten Sie in jedem Fall einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuziehen.

Quelle:

Urteile des BVerwG 3 C 24.15 und 3 C 13.16 vom 06.04.2017

 

Durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens, welches am 24.08.2017 in Kraft getreten isthat die Bundesregierung mit einem umfangreichen Katalog von Änderungen und Ergänzungen die deutsche Strafgesetze und die der Strafprozessordnung an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst. Viele Änderungen dienen insbes. u.a. der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung.

Die wichtigsten und relevantesten Neuerungen, die für jeden einzelnen Bürger von Bedeutung sein könnten, habe ich hier zusammengefasst:

  • Fahrverbote nicht nur als Strafe für Straßenverkehrsdelikte bedeutet, dass gemäß § 44 des Strafgesetzbuches (StGB) künftig Fahrverbote als allgemeine Strafe für sämtliche Delikte des Strafgesetzbuches verhängt werden können.  Das heißt: Neben den bislang im Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafarten „Freiheitsstrafe“ und „Geldstrafe“ käme eine dritte Strafart „Fahrverbot“ hinzu. Auch wenn ein mehrmonatiges Fahrverbot noch lange nicht bei allen Vergehen (= rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind, § 12 StgB) angemessen ist, soll diese Änderung beispielsweise reiche Menschen treffen, die eine „normale“ Geldstrafe in der Regel nicht sonderlich beeindruckt.
  • Der Richtervorbehalt zum Blutabnehmen bei Gefährdung des Straßenverkehrs oder bei Trunkenheit am Steuer wird abgeschafft und die Blutentnahme gemäß dem neuen § 81 a der Strafprozessordnung (StPO) nun im Wesentlichen in die Entscheidungskompetenz der Polizei übergeben. Vormals musste ein Richter die Blutentnahme bei einem Autofahrer anordnen, wenn der bei Gefährdung des Straßenverkehrs der Verdacht auf Alkohol- oder Drogenkonsum bestand, sofern keine Gefahr im Verzug vorlag. Dies hatte in vielen Fällen für den Fahrzeugführer den Vorteil, dass die gemessene Blutalkoholkonzentration niedriger ausfiel oder gar kein Alkohol mehr im Blut nachgewiesen werden konnte. Diese Vorteile für den Fahrzeugführer entfallen nun, da die Polizei bei Verdacht im Grundsatz selbst eine Blutentnahme anordnen kann, was den Prozess erheblichen beschleunigen wird.
  • Nach der reformierten Erscheinungspflicht von Zeugen bedeutet, dass nach der StPO-Reform Zeugen nunmehr  die Pflicht haben, den Vorladungen der Polizei Folge zu leisten, soweit diese von der Staatsanwaltschaft angeordnet worden ist. Bislang waren Zeugen nur dann zu einer Aussage verpflichtet, wenn sie von der Staatsanwaltschaft oder dem zuständigen Richter vorgeladen worden sind.

Inwieweit aber die unter Juristen höchst umstrittene Reform des Richtervorbehaltes bei Trunkenheit im Verkehr und der geänderten Erscheinungspflicht von Zeugen auch nach einer Überprüfung durch das Verfassungsgericht Bestand haben oder nachträglich für verfassungswidrige erklärt werden wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sollten Sie sich in derartigen Fällen an den Anwalt Ihres Vertrauens wenden.

Quelle:

Bundestags-Drucksache 18/11277

Die 8. Kammer des EuGH in Luxemburg hat in seinem Urteil vom 07.09.2017 (C-559/16) entschieden, dass die fällige Entschädigung bei Flugverspätungen bzw. Flugannullierungen sich maßgeblich nach der Luftlinienentfernung zwischen dem Abflugs- und dem Ankunftsort richtet.

Dieser Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Die Klägerin war von Rom über Brüssel nach Hamburg geflogen. Die Brussels Airline verwies auf die Luftlinienentfernung von Rom nach Hamburg 1326 Kilometer und damit von unter 1500 Kilometern, betrage. Die Kundin rechnete aus, dass die tatsächlich über Brüssel geflogene Strecke eine Länge von 1656 Kilometern hatte und damit über der Schwelle von 1500 Kilometern gelegen habe.

Grundsätzlich haben Kunden nach EU-Recht einen Anspruch auf Entschädigung, wenn ein Flug sich drei Stunden oder mehr verspätet oder sogar ganz ausfällt und die Fluggesellschaft hierfür selbst verantwortlich ist. Die Höhe der Entschädigung hängt dann von der Entfernung ab: So erhält der Kunde bei Flügen bis 1500 Kilometern eine Entschädigung in Höhe von 250,00 EUR, darüber 400,00 EUR und bei Interkontinentalflügen 600,00 EUR.

Nun hat der EuGH entschieden, dass für die Entfernung maßgeblich auf die Luftlinie abzustellen sei, da die EU-Fluggastverordnung nicht zwischen einer Direkt- und Umsteigeverbindung unterscheide. Auch der Zweck der Zahlungen spreche für eine Gleichbehandlung vom Direkt- und Umsteigeverbindung. Denn diese sollte die Unannehmlichkeiten ausgleichen, die den Fluggästen durch eine Verspätung oder Annullierung des Fluges entstehe. Auf dies Unannehmlichkeiten habe ein Zwischenstopp aber keine Auswirkungen.

Wer statt eines Direktfluges eine Umsteigeverbindung wählt und deswegen eine größere Strecke zurücklegt, hat demzufolge kein Recht auf eine höhere Entschädigung.

Quelle:

EuGH, Urteil vom 17.09.2017, C-559/16

 

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 11.09.2017 (9 Sa 42/17) entschieden, dass der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet ist, zumutbare Maßnahmen auf dem Betriebsgeländer zu ergreifen, die den Beschäftigten vor Verlust oder Beschädigung an eingebrachten Sachen sichern (BAG 8 AZR 518/99).

Was war geschehen: Ein Mitarbeiter hatte erlaubtermaßen sein privates Fahrzeug auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers geparkt. Während des Sturms prallte ein großer Müllcontainer auf das Fahrzeug des Mitarbeiters und verursachte einen wirtschaftlichen Totalschaden.

Der Arbeitgeber haftet dem Mitarbeiter in diesem Fall für dessen Schaden deswegen, weil er seine Verkehrssicherungspflicht (= vertragliche Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis) nicht ausreichend beachtet hatte.

Zwar genügt es, dass der Arbeitgeber auf dem betriebseigenen Parkplatz drohende Gefahren für Pkw auf ein zumutbares Mindestmaß beschränkt. Garantieren lässt sich das jedoch nicht. Bei besonderen Umständen wird aber dann eine gesteigerte Fürsorgepflicht gefordert.

So war es im vorliegenden Fall: Es gab für diesen Tag eine Sturmwarnung vor dem Tief „Zoran“ und es kam zu Windgeschwindigkeiten von 85 km/h.

Deshalb genügte es hier nicht, die Räder des Müllcontainers mit einer Feststellbremse zu sichern. Vielmehr hätte der Arbeitgeber wegen der Sturmwarnung sein Betriebsgeländer stärker kontrollieren müssen. Dabei wäre dann aufgefallen, dass das Tor zwischen dem Müllbehälter und dem Parkplatz nicht geschlossen gewesen ist.

Auch trifft den Mitarbeiter kein Mitverschulden, da er sich darauf verlassen durfte, dass das Firmengelände ordnungsgemäß gesichert ist.

Zu beachten ist allerdings, dass eine verschuldensunabhängige Haftung des Arbeitgebers für Sachen der Beschäftigten nur dann in Frage kommt, wenn dieser seine privaten Dinge nutzt, um die arbeitsvertraglich geschuldete Aufgabe zu erfüllen.

Quelle:

https://www.justiz.nrw.de/JM/Presse/presse_weitere/PresseLArbGs/11_09_2017_/index.php