Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in seinem Urteil vom 06.04.2017 (Az. – 3 C 24.15) entschieden, dass grundsätzlich erst ab einer Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 1,6 Promille oder mehr ein medizinisch-Psychologisches Fahreignungsgutachten (MPU) bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der Verwaltungsbehörde verlangt werden kann.
Das bedeutet, dass in der Regel eine einmalige Trunkenheitsfahrt ohne Hinzutreten weiterer aussagekräftiger Tatsachen erst ab einer BAK von 1,6 Promille die Anforderung eines Gutachtens rechtfertige. Denn die strafgerichtliche Entziehung einer Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt sei kein eigenständiger, von der 1,6 Promille-Grenze unabhängiger Sachgrund für die Anforderung eines Gutachtens. Dies ergäbe sich aus der Bezugnahme in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) auf die unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe.
Aber Achtung: Dies bedeutet nicht, dass die Verwaltungsbehörde unterhalb eines BAK von 1,6 Promille nicht berechtigt ist, dennoch eine MPU anzuordnen.
Vielmehr kann die Verwaltungsbehörde schon ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille eine MPU anordnen, und zwar immer dann, wenn der Fall besondere Anhaltspunkte dafür bietet, dass der Fahrer möglicherweise nicht zum Führen eines Kraftfahrzeuges geeignet ist.
Dies können u.a. sein:
- eine wiederholte Trunkenheitsfahrt
- die Annahme von Alkoholmissbrauch beim Fahrer
- mehrfache und erhebliche Geschwindigkeitsverstöße und damit verbundene Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg
- bei einem erhöhten Aggressionspotential des Fahrers
- bei möglichen Straftaten des Fahrers, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangen wurden.
Da dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zwar nunmehr konkretere Maßstäbe für die Frage, wann eine MPU grundsätzlich angeordnet werden darf, festlegt, zugleich aber – wie die genannten Beispiele bei Hinzutreten besonderer Umstände zeigen – eine Vielzahl von Spielräumen für die Bußgeldbehörde gegeben sind, sollten Sie in jedem Fall einen fachkundigen Rechtsanwalt hinzuziehen.
Quelle:
Urteile des BVerwG 3 C 24.15 und 3 C 13.16 vom 06.04.2017